VI: CO2&Co. – Oder entscheidend ist, was vorne reinkommt
Von Dr. Manfred Josef Pauli, 04. Mai 2011
„Sauber und leise“, das sind wohl die zwei üblichsten Schlagworte, mit denen Elektromobilität belegt werden. Und beide stimmen. Bis einer meint, es stimmt bei der Sauberkeit nicht, wenn das Elektrofahrzeug mit Kohlestrom fährt. Und auch das stimmt. Und wenn beides stimmt, muss irgendwas nicht stimmen.
Aber der Reihe nach: bei den heutigen fossilen Antriebsmitteln Benzin, Diesel und Erdgas wissen wir grösstenteils recht genau, was das Auto an „Unsauberem“ macht, sprich welche Mengen CO2 und sonstige Schadstoffe herauskommen. Dazu ist lediglich der Verbrauch des Fahrzeugs zu ermitteln und mit den bekannten Werten für den Verbrauchsstoff zu multiplizieren. Und in Zeiten der CO2-Aufgeklärtheit, kann sich das jeder bereits im Internet praktisch ausrechnen lassen, für jedes Fahrzeug, jede Marke und jedes Sondermodell.
Zusätzlich – und hier wird’s dann eher schon eine Fachdebatte – kommt hinzu, dass so ein Treibstoff nicht auf den Bäumen wächst und in den Tank gepflückt wird, sondern irgendwo aus der Erde geholt werden muss (und nicht immer sprudelt es, sondern muss unter Energieeinsatz gepumpt werden, oder ganz anders aufbereitet werden, wie beim kanadischen Ölschiefer), und von dort dann aufbereitet, transportiert und verteilt werden. In dieser ganzen Kette fallen erneut CO2 und andere Schadstoffe an. All das zusammen ergibt dann die CO2-Bilanz. Halt, die Produktion, die Wartung und das Recycling des Fahrzeugs gehören ja auch noch dazu. Aber am Ende steht eine dicke Summe, die sich dann auch auf jeden Kilometer Fahrleistung zurückrechnen lässt.
So ähnlich ist es beim Elektroauto (und anderen elektrischen Fahrzeugen auch). Nur dass es dort nicht immer so sichtbar und klar zugeht. Denn bekanntlich kommt der Strom nicht aus der Steckdose, aber wie er produziert wird, mit welchen CO2- und anderen Schadstoffbilanzen, das lässt sich kaum erkennen, auch nicht riechen oder schmecken wie beim Verbrenner. Es kann lediglich errechnet werden, anhand welcher Mitteln der Strom erzeugt wird. Auch hier kommen die Herstellung und die Wartung des Fahrzeugs hinzu und nicht zu vergessen, alle Herstellungs- und Recyclingaufwände für die Batterien, mit denen diese Fahrzeuge unterwegs sind.
Und so kommt es, dass tatsächlich ein Elektrofahrzeug, dessen Strom ausschliesslich aus Kohle gewonnen wird, eine schlechtere „Ökobilanz“ aufweist, als ein sehr sparsamer Dieselmotor. Doch während der Dieselmotor seine Bilanz nicht verbessern kann, oder exakter gesagt, nur soweit verbessern kann, bis der sparsamste Motor entwickelt wurde (das Null-Liter-Verbrennungsmotor-Auto wird 100%-ig nicht kommen...), ist der Betrieb eines Elektroautos mit Kohlestrom überhaupt nicht nötig. Und mit dem wachsenden Erfolg der regenerativen Energiequellen wird das Elektroauto immer sauberer und sauberer und verbraucht zudem nicht ein Gramm oder einen Tropfen an nicht wiederkehrendem fossilen Material.
Es ist also erhebliche Vorsicht geboten, wenn das Elektroauto hinsichtlich seiner CO2-Bilanz schlecht geredet wird, zumeist verbergen sich ganz andere Interessen dahinter. Aber es ist auch wahr, dass das Elektroauto als zukünftiger zusätzlicher Stromverbraucher die je nach Land unterschiedlich schwunghafte betriebene Energiewende befeuern muss (und dies erneut nur sinnbildlich...)
Anders gesagt: Die Elektrifizierung der Mobilität muss einhergehen mit dem Umstieg auf regenerative Energiequellen. Das fossil-nukleare Zeitalter kann überwunden werden. Wenn sich dann noch der technische Fortschritt, beschleunigt und auch die Autobatterie Teil eines dezentralen Netzsystems wird, um so besser. Das braucht aber auch im Hier und Jetzt enorme Investitionen, von denen aber wir alle profitieren können, sind sie doch auch Teil unseres gemeinsamen Wohlstandes. Mobilität wird es also weiter geben. Sie wird nur ganz anders produziert.