Das Elektroauto ist da – und das scheint Angst zu machen, warum ist allerdings schleierhaft. Ebenso schleierhaft ist deshalb, wieso Christian Wüst in seinem Artikel so viele überholte Klischees und Halbwahrheiten verbreiten muss. Scheinbar ist die Faszination der fahrenden Heizung Verbrennungsmotorauto immer noch so gross, dass sie den Blick trübt.
Zu den Details: „Das Tempo des Technologiewandels wurde überschätzt“, schreibt Herr Wüst. Bitte Ross und Reiter nennen, wer hat welches Tempo genannt, das bisher welchen Wandel nicht geschafft hat? Selbst das Ziel der Bundesregierung sieht für 2020, also in mehr als acht Jahren, gerade mal eine Million elektrische von 40 Millionen Autos insgesamt auf deutschen Strassen vor. 2011 hat erstmals der Roll-Out seriengefertigter Elektroautos begonnen. Insgesamt eher gemässigtes Tempo und noch kein Zeichen, dass es bis dahin nicht zu schaffen sei.
Der „Entwicklungsstand“ der Antriebstechnik Elektro sei „ernüchternd“ und tauge noch lange nicht dazu, „einen Massenmarkt zu erschliessen“. Die Technik ist ausgereift, allerdings für das echte Mobilitätsbedürfnis von 80% der Menschen an 80% der Tage, an denen sie ein Auto nutzen wollen. Kein E-Auto-Hersteller sagt, dass sein Auto all das kann, was ein Verbrenner kann, dafür braucht aber auch ein E-Auto dreiviertel seiner Energie zum Vorwärtskommen, während der Verbrenner dreiviertel der Energie als Abwärme verbläst. Und dass der Massenmarkt heute noch nicht da ist, davon ist keiner in der Branche ausgegangen, sondern dass ab jetzt überhaupt erstmals der Massenmarkt ins Visier genommen werden kann.
„Mit Glück“ käme man „bei günstiger Verkehrslage“ von Wiesbaden nach Frankfurt und zurück mit einer Batterieladung. Nun Wiesbaden-Frankfurt sind 50 km auf der Strasse, macht 100 hin und zurück, das ginge immer noch mit der heutigen Batterietechnik. Doch was unterschlagen wird, das Auto ist in erster Linie ein Stehzeug, das wird sich mit dem E-Auto ändern, denn wann immer es steht, kann es betankt werden, vollgetankt in Wiesbaden los, während der Arbeit in Frankfurt nachtanken und dann entspannt nach Hause zurück. Wer allerdings den ganzen Tag zwischen Wiesbaden und Frankfurt hin und her fahren will, für den ist ein E-Auto wahrlich nichts.
Überhaupt - die Langstreckentauglichkeit. Egal welche Fortschritte die Batterietechnik machen wird, es ist ein Irrglaube, dass wir alle permanent auf der Langstrecke unterwegs seien. Meist bewegen wir uns maximal 40 Kilometer am Tag, das schafft jedes batterielektrische Auto. Für die Fahrt in den Urlaub, die auch nicht jeden Tag stattfinden wird, gibt es Alternativen. Im Grunde sind die heutigen Verbrenner für unseren Alltag überdimensioniert, das wird aber nicht gern gesagt, hiesse es doch, dass bei der Entwicklung des Verbrenners irgendwas ziemlich schief gegangen ist, nämlich der Blick auf das tatsächliche Mobilitätsverhalten der Menschen.
Fazit: Sicher mag es notwendig sein, den Weg der Elektromobilität kritisch zu begleiten. Doch bitte nicht so, mit Halbwahrheiten und Polemiken wird am Ende den Falschen in die Hände gespielt, die erste Generation ohne Öl sagt schon jetzt Danke. Vielleicht hätte Herr Wüst doch noch den „Mythbuster Elektroauto“ der Mobilitätsakademie lesen sollen, dort wird aus der neutralen Schweiz aufgeräumt mit den verschiedenen Mythen rund ums Elektroauto: LINK